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Einmal Finnland bitte!

Dass wir in Finnland unsere Reise starten werden, darauf hätte wohl niemand von uns noch vor ein paar Wochen getippt. Schottland war doch als erstes Ziel angedacht! Nach wiederholtem Abraten von Schottland-Kennern wegen zu vielen Touristen in der Hauptsaison - wer uns kennt weiss, dass dies nicht gerade das ist, was wir suchen… - machen wir uns also auf die Suche nach einem Ziel, das in der Sommersaison ohne überfüllte Campingplätze und ohne Hektik bereist werden kann. Wir sind uns sicher, mit Finnland eine solche Destination gefunden zu haben. Nach gefühlt ewigem Rückzählen des Countdowns ist es am 24. Juni 2022 endlich soweit und wir dürfen auf unsere knapp 5-monatige Reise starten.


Bewusst bringen wir die Strecke bis zur Fähre in Schweden schnell als ‘Fahrtage’ hinter uns, denn unsere Reise soll so richtig an unserem eigentlichen ersten Reiseziel beginnen, in Finnland. Wir wählen die Tagesetappen in Distanzen von 400 - 500 km aus, so dass nebst der reinen Fahrzeit auch noch Zeit für Spaziergänge und Entspannung bleibt. So können wir aber auch gut die 120 Stunden Zeit seit der Entwurmung von Rocky für die Einreise nach Finnland einhalten. Unsere Übernachtungsstopps in Deutschland sind Alsfeld und Eutin. Von dort setzen wir mit der 45-minütigen Fähre nach Dänemark über, übernachten in Kopenhagen, um nach dem Passieren der Öresundbrücke eine Nacht in Gränna in Schweden zu verbringen. Auf Empfehlung (danke Werni ;-)) wählen wir für die Überfahrt nach Finnland die Finnlines-Fähre von Kapellskär (etwas nördlich von Stockholm) nach Naantali (bei Turku). Die Fährfahrt dauert rund 10 Stunden, und der Charakter der eigentlichen Truckerfähre ist kaum zu verkennen, der zivile Passagiertanteil macht einen kleinen Bruchteil aus. Dennoch geniessen wir die Zeit an Deck durch die Schären in den Sonnenuntergang sehr und erfreuen uns frühmorgens über unsere Ankunft an unserem eigentlichen Startort für unsere Reise.


Schärengarten-Nationalpark

Wenn wir an Finnland denken, hat sich natürlich auch bei uns das Bild ‘Das Land der tausend Seen’ festgesetzt. Bevor wir jedoch zur bekannten Seenplatte reisen, erkunden wir den Südwesten des Landes. Diese direkt an der Ostsee liegende Region ist mit unzähligen kleinen Inseln durchsetzt. Vor der Südwestküste erstreckt sich Europas grösstes Archipel, der sogenannte Schärengarten - eine Küstenlandschaft mit Inseln, Buchten, abgeschliffenen Badeklippen und Binnenseen. Das lädt natürlich zur Erholung und zum Baden ein. Wie könnte man auch anders bei konstantem strahlendem Sonnenschein und Temperaturen über 30 Grad? So wird der Sprung ins kühle Nass während diesen ersten Tagen zu unserer neuen Lieblingsbeschäftigung. Auch Rocky erfreut sich der Abkühlungsmöglichkeiten. Wir alle geniessen es sehr, die Besonderheiten dieser Schärenlandschaft auf diese Art und Weise erleben zu dürfen, und fühlen uns so dem Wasser im wahrsten Sinne noch viel näher.


Der Schärengarten lässt sich auch prima mit dem Auto erkunden. Eine schöne Strecke, die Schärenringstrasse, verbindet die vielen kleinen Inseln und weit ins Land reichenden Buchten mit Brücken und Fähren (kostenlos!) und führt immer wieder vorbei an hübschen, pittoresken Sommerörtchen und deren Sandstränden. Besonders gut gefallen uns Nagu und Pargas.


Unsere Hoffnung auf etwas Ruhe und Gemächlichkeit scheint sich bereits hier in Wahrheit umzusetzen - obwohl im vollen Bewusstsein, dass die Schären eine beliebte Ferienregion für die Skandinavier sind. Problemlos finden wir jeweils einen freien Platz auf den Campingplätzen, und viele Plätze bleiben jeweils auch frei, so dass weder Gedränge noch Hektik aufkommen mag. Uns gefällt’s.


Finnische Seenplatte

Nach dem Schärengarten bleiben wir dem Wasser treu, wie könnte man auch anders in Finnland? Wir machen uns auf Richtung Osten, Richtung finnischer Seenplatte, in welcher sich das grösste Gewässer, der Saimaa-See, mit seinen 4380 m2 befindet. Die Fahrt dahin fühlt sich an wie durch einen Flickenteppich aus Wasser und Land, die stetige Nähe zu Wasser sowie das Zusammenspiel von Seen und Wäldern lassen diese Landschaft wirklich einzigartig erscheinen. Dieser Eindruck bestätigt sich auch im Tejio Nationalpark, welchen wir auf dem Weg Richtung Osten passieren. Die Rundwanderung um den wunderschönen Matildanjärvi führt stets dem Wasser entlang, und dennoch im angenehmen Schatten des Waldes. Die eine oder andere Badepause lassen wir uns natürlich auch hier nicht entgehen.


Viele schmale Landbrücken führen uns in die berühmte Nationallandschaft in Punkaharju, wo wir ausnahmsweise unseren Van für vier Tage unbenutzt lassen und die Zeit in einer Hapimag-Cabin verbringen. Die kahlen Granitklippen sowie die vielen Sandstrände laden auch während diesen Tagen ein, das hochsommerliche Wetter hauptsächlich im oder auf dem kühlen Nass zu geniessen. Denn die Seenplatte lässt sich am besten vom Wasser aus entdecken, sei es mit einem Boot oder Kanu - wir wählen Letzteres für unsere Erkundungstouren.


Obwohl es auch in den Breitengraden des südlichen Finnlands bereits sehr lange hell ist, und die Nacht zur Zeit aus etwa drei Stunden Dämmerung besteht, haben wir hier das Glück, jeweils spätabends besonders schöne Sonnenuntergänge über dem Seenhorizont erleben zu dürfen. Dieses späte Dunkelwerden verschiebt auch gänzlich unseren Tagesrhythmus, erst sehr spät gehen wir schlafen und verbringen die Zeit bis dahin mit gemütlichem Lesen, Relaxen und Apérölen - süsses Nichtstun an heissen Sommertagen, wir geniessen es sehr!


Waldreiches Nordkarelien

Sobald wir die Seenplatten verlassen, tauchen wir ein in unendlich weites Waldland mit Nadelbäumen und Birken, Flechten und Moosen. Die Stille der Wälder ist förmlich spürbar. Diese einsame und wilde Urnatur ist denn auch mit mehreren Nationalparks geschützt. An dieser Stelle winden wir den Finnen ein Kränzchen - alle Nationalparks, selbst die allerkleinsten, sind unglaublich gut unterhalten und ausgeschildert, die Trails spannend angelegt, moorige Stellen mit Holzstegen ausgelegt, steile Stellen mit Treppen ausgestattet (ja Treppen scheinen die Finnen wirklich zu lieben) und teilweise sind die Parks gar mit einem eigenen Campground ausgestattet. Wir finden grossen Gefallen daran, den einzelnen Nationalparks nachzugehen und dort zu wandern, und staunen nicht schlecht, als wir auf einem Trail anstelle einer Brücke für die Überquerung eines doch ziemlich breiten Flusses nicht eine Brücke, sondern ein Ruderboot vorfinden. Erwähnenswert sind auch die vielen Wildnishütten, in denen grilliert werden kann, natürlich mit bereits vorhandenem Holz.


Besonders gut gefällt uns der Koli Nationalpark. Von den 347m hohen kahlen Koli-Bergkuppen bietet sich ein wunderschöner Panoramablick, der das tiefe Blau der umliegenden Seenlandschaft so richtig deutlich macht. Ansonsten bietet Karelien topographisch nur sehr wenige nennenswerte Erhebungen, so dass wir uns nach ein paar Waldtagen wieder sehr auf eine neue Landschaft freuen.


Ein Thema, mit welchem wir in dieser Region unweigerlich konfrontiert werden, sind natürlich die Mücken. Ja, es hat welche, besonders in Sumpf- und Moorgebieten. Aber wir denken, dass wir noch ziemlich gut damit bedient sind, von dichten Schwärmen, wie man vielerorts lesen kann, kann nicht die Rede sein. Am meisten betroffen ist Rocky, die kleinen fiesen Kribbelmücken haben seine Bauchgegend ziemlich arg verstochen, es wimmelt nur so von roten Stellen. Glücklicherweise scheint es ihn überhaupt nicht zu stören, und nach zwei Tagen sind die Rötungen auch bereits wieder verschwunden.


Am bottnischen Meerbusen

Wie vielfältig Finnland doch ist! Nach viel Wald während den letzten Tage treffen wir in Oulu auf die Küstenlandschaft am bottnischen Meerbusen. Mit der Gratisfähre setzen wir in rund 25 Minuten nach Hailuoto über. Die kleine Ostseeinsel begeistert uns sehr durch ihr Ferienfeeling, insbesondere das hübsche Holzhausstädtchen Marjaniemi. Ganz im Westen der Insel gelegen, verfügt es über einen eigenen kleinen Hafen, einen Leuchtturm, diverse Restaurants und unendliche lange Sandstrände. Weil wir uns auch hier nach wie vor über schönes Sommerwetter freuen dürfen, sind lange Strandspaziergänge natürlich vorprogrammiert.


Lappländische Einsamkeit

Lappland ist die bisher einzige Region, die wir in Finnland bereits bereist hatten (https://www.siglu.ch/lappland). So entscheiden wir uns, diese mehr oder weniger links liegen zu lassen auf unserer Weiterfahrt Richtung Norden. Wobei ein kleiner Stopp in Rovaniemi bei Santa Claus natürlich nicht fehlen darf, Weihnachten geht immer. Auch dem Pyhä-Luosto Nationalpark statten wir einen Besuch ab. Auf den Luosto führt ein Trail, welcher - oben angelangt - einen wunderbaren Weitblick über die Region bietet. Beim Pyhätunturi gelangen wir in die tiefste Schlucht Finnlands, eine eindrückliche, bizarre Felsenlandschaft mit vielen schroffen Gesteinen.


Sei es nun auf einem Aussichtspunkt oder während des Befahrens der Strassen: Auch dieses Mal staunen wir wieder über die Weite und Unendlichkeit dieser ebenen Landschaft. Sie ermöglicht einem eine besonders entspannte Fahrt, aber es ist auch durchaus verständlich, dass dieses Niemandsland - die Bevölkerungsdichte ist hier äusserst gering - manchmal erschreckend wirken kann, denn dass man auf einer Fahrt von zwei Stunden weder ein Haus noch eine Tankstelle passiert, ist keine Seltenheit. Zu Recht wird Lappland auch oft die letzte Wildnis Europas genannt. Nach rund 3 ½ Wochen geht es nun langsam aber sicher auf die Grenze Norwegens zu.


Campingplätze in Finnland

Den letzten Abschnitt möchten wir den Campingplätzen in Finnland widmen. Wie bereits erwähnt, wurde unser wichtiges Anliegen, immer einen freien Platz zu finden, problemlos erfüllt, selbst in den Küsten- und somit Ferienregionen. Das Niveau der Campingplätze ist meist einfach gehalten, viele Plätze sind in die Jahre gekommen, aber stets sauber und vielfach wunderschön, direkt am Wasser gelegen. Schnell finden wir heraus, dass wenn man nicht zwingend Strom benötigt, man sich die schönsten Plätze mit Seeanschluss aussuchen kann. Die Preise variieren stark je nach Region: Je südlicher und je näher an der Küste, desto teurer.


Für uns - wohl weniger für die Finnen - bemerkenswert ist die Tatsache, dass jeder Platz mit einer Sauna ausgestattet ist und die Kultur des Schwitzens auch tatsächlich zelebriert wird - und dies selbst bei Temperaturen über 30 Grad. Oftmals ist der Sauna auch das schönste Plätzchen auf dem Campingplatz gewidmet, direkt am See, Abkühlung ist somit garantiert in Griffnähe. Im Gegensatz zu unserem Saunieren ist dies hier kein Ort der Ruhe, es wird geschwatzt, gelacht, und nicht Zuletzt sich das eine oder andere Bierchen gegönnt.


In Finnland ist es dank dem Jedermannsrecht auch möglich, frei zu übernachten, die Natur ist - unter Einhaltung gewisser Regeln - jedermann zugänglich. Davon haben wir aber in Finnland nicht Gebrauch gemacht. Denn wir sind der Meinung, dass die Campingplätze oftmals an viel schöneren Lagen positioniert sind, als es ein freier Platz hätte sein können. Und genau diese schönen Lagen direkt an Seen haben wir besonders geschätzt und einem Parkplatz an einer Strasse oder im tiefsten Wald definitiv bevorzugt.


Das Camperleben geniessen wir in vollen Zügen. Die Flexibilität bezüglich der Tagesplanung, der Routenwahl wie auch des Übernachtungsplatzes könnten wir nicht mehr zu schätzen wissen. Es ist ein gutes und befreiendes Gefühl, alles Nötige stets bei sich zu haben, denn das Nötige ist nämlich gar nicht viel!


Campingplätze, die uns in Finnland und auf der Hinreise bis dahin besonders gut gefallen haben:





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1 Comment


beasigrist
Jul 27, 2022

Super Reisebericht, fantastische Fotos 👍! Wenn man den Bericht liest, ist man selber plötzlich mitten drin 😊. Alte Erinnerungen werden wach. Ich wünsche euch weiterhin gute Reise und viel Gfreuts!

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