februar | märz 2020
schweden
Im Bann des Nordens
Eine Woche im Malin Resort in Bäcknäs
Wir haben den Winter gefunden! Endlich! Und dies in einer Zeit, in welcher bei uns in der Schweiz Mitte Februar der Schnee sich in tieferen Lagen noch nicht einmal hat blicken lassen und an einzelnen Tagen gegen 20 Grad gemessen werden. Was haben wir uns gefreut, den Winter hier anzutreffen. Und mit ihm die kalte, frische Luft, welche einem tief durchatmen und in einer anderen Welt wähnen lässt.
Schwedisch-Lappland
Wir werden eine Woche in Schwedisch-Lappland verbringen, im Norrbottens Län, der nördlichsten Provinz Schwedens. Um sich etwas darunter vorzustellen, sind folgende Fakten doch ganz aufschlussreich: Dieses Gebiet weist gerade mal eine Bevölkerungsdichte von 2.4 Einwohnern pro km2 auf. Es macht 23.5% der schwedischen Gesamtfläche aus, beherbergt jedoch nur 2.8% der schwedischen Gesamtbevölkerung. Dennoch ist die Gegend keineswegs von der Umwelt abgeschnitten, im Gegenteil, der Flugverkehr ist ab mehreren Ortschaften mehrmals täglich gewährleistet. So landen wir dann auch in Skellefteå, welches rund zwei Fahrstunden von unserem eigentlichen Ziel, dem Malin Resort in Bäcknäs, entfernt liegt. Diese beiden Stunden Autofahrt bieten uns gute Gelegenheit, ein erstes Mal so richtig in den hohen Norden einzutauchen. Denn kaum sind wir ausserhalb Skellefteås, sind Häuser eine Mangelware. Dafür bietet sich uns eine tief eingeschneite Waldlandschaft, so weit das Auge reicht. Der Schnee - und davon hat es hier nicht wenig - glitzert im Sonnenschein leise vor sich hin. Auch die Strassen sind weiss, nach Schwarzräumung sucht man hier vergeblich. So sehr es auf den ersten Blick erschrecken mag, beim Aussteigen teilweise blankes Eis unter den Füssen zu haben, so schnell lässt sich feststellen, dass sich mit Spikes wunderbar und sicher Autofahren lässt. Alles Gewöhnungssache. Und die wundervolle Winterlandschaft macht es uns einfach, uns sehr schnell daran zu gewöhnen.
Bei Aline und Markus im Malin Resort in Bäcknäs
Kurz vor dem Eindunkeln erreichen wir das Malin Resort. Dieses gehört Aline und Markus, welche vor rund zwei Jahren nach Schweden ausgewandert sind. Sandra lernte Aline vor einigen Jahren im Schwedischkurs in der Schweiz kennen. Der Kontakt blieb immer bestehen, und es war schnell klar, dass wir die Beiden hier oben baldmöglichst besuchen möchten. Gesagt, getan. Bereits vor unserer Anreise haben wir von Aline und Markus detaillierte Informationen zum Anfahrtsweg erhalten. Denn es ist ja nicht so, dass Bäcknäs gerade neben der Hauptstrasse liegt, geschweige denn ihr Resort. Die Ortschaft Bäcknäs besteht aus drei Liegenschaften, drei ganzjährigen Bewohnern, die Ausländerquote liegt bei ⅔. Rechnen darf man nun selbst...
Aline und Markus bieten in ihrem idyllischen Malin Resort eine Ferienhausvermietung mit Service. Ihr Slogan ‘Ferien in der Natur’ könnte nicht treffender sein. Wir stellen sofort fest, hier sind wir in der unberührten Natur gelandet, weit weg von Hektik und Lärm. Wald soweit das Auge reicht, eine Weite sondergleichen. Dass wir hier Ruhe und Erholung finden werden, steht ausser Frage.
Die beiden Ferienhäuser mit den Namen ‘Esther’ und ‘Martha’ sind genau so, wie sich wohl jeder von uns ein klassisches schwedisches Ferienhäuschen vorstellt: ein schmuckes Holzhaus, gestrichen in falunrot, im Kontrast dazu die weissen Hausecken und Fensterrahmen. Der Anblick alleine ist schon ein Fotosujet per se und strahlt so etwas Uriges, Gemütliches aus. Die Häuser bieten mit drei Schlafzimmern Platz für je 6 Personen, haben eine grosszügige und vollständig eingerichtete Küche mit Backofen, ein separates Bad und ein separates WC sowie eine schöne Terrasse. Der schwedische Stil zieht sich auch im Innern weiter, an Behaglichkeit kaum zu überbieten. Wir fühlen uns auf jeden Fall von der ersten Sekunde an total wohl!
Nebst der Ruhe, die sich hier schlagartig bemerkbar macht, realisieren wir am folgenden Morgen bei Tageslicht, dass sich hier viele Winteraktivitäten direkt vor Ort wunderbar ausüben lassen. Man kann, muss aber nicht, halt ganz so, wie es Jedem individuell taugt.
Von unseren Unternehmungen in dieser Woche möchten wir gerne berichten:
Schneeschuhwandern
Zweifelsohne die grösste Freiheit bedeutet für uns, dass wir direkt vor unserer Haustüre die Schneeschuhe anschnallen und in die Wildnis los stapfen können. Dank der Grösse des Resorts haben wir unzählige Touren zur Auswahl und müssen dazu nicht mal das Grundstück verlassen. Sei es zum eigenen See, zum eigenen Aussichtspunkt, oder auf einer eigens gewählten Route. Die Gefahr, sich zu verlaufen, besteht definitiv nicht, da man bei Bedarf jederzeit seinen eigenen Weg zurück verfolgen kann. Und das Schönste am Ganzen: Wir sind stets mutterseelenallein unterwegs, müssen keine Sekunde damit rechnen, dass uns jemand begegnen könnte oder dass ‘unsere’ Route bereits begangen worden ist. Nein, wir haben stets die weiss verschneite, unberührte Landschaft vor uns. Das einzige Geräusch, das man nebst dem eigenen Atem weit und breit wahrnehmen kann, ist das durch die Kälte verursachte Knarren der Schneeschuhe im Schnee. Sonst hört man nichts, und damit meinen wir: wirklich nichts!
Skijöring
Auf das Skijöring sind wir besonders gespannt! Diese skandinavische Wintersportart, bei welcher der Skifahrer an einem Seil von einem Pferd gezogen wird, ist bei uns ja fast gänzlich unbekannt. Umso mehr freuen wir uns, etwas ‘Einheimisches’ kennenzulernen. Markus und Aline haben auf ihrem Gelände einen Pistenparcour wunderbar präpariert. Dieser beinhaltet nebst schnellen Geraden auch actionreiche Elemente wie Schanzen, Slalom und Sliding-Kurven. Bevor es aber auf den Trail geht, dürfen wir zuerst Aline’s Pferde kennenlernen. Sollte jemand Respekt vor diesen majestätischen Tieren haben, wird einem spätestens zu diesem Zeitpunkt bewusst, welch liebevolle Wesen dies sind. Dann heisst es, Skischuhe, Helm und Skier anschnallen, und ab auf die Piste. Nach einer Aufwärmrunde drückt Aline im Sattel mit jeder Runde mehr auf’s Tempo. Unglaublich faszinierend festzustellen und im wahrsten Sinne des Wortes zu fühlen, was es bedeutet, von 1 PS gezogen zu werden, welche Kraft dahinter steckt. Insbesondere auf den Geraden kann der volle Speed ausgenutzt werden, während in den Kurven das Sliden nicht zu kurz kommt. Das ganze Spektakel lässt sich wunderbar vom Hochsitz aus beobachten, welcher unmittelbar am Rande der Piste steht. Zusätzlich sorgt Markus mit einem wärmenden Feuer, warmem Tee und leckeren Keksen für eine gemütliche Atmosphäre. Wir sind uns einig: ein rundum gelungenes Erlebnis!
Naturreservat Storforsen
Ein Tagesausflug führt uns weiter Richtung Norden, ins Naturreservat Storforsen, welches Teil des Netzwerkes Natur 2000 der EU ist. Dort treffen wir auf eine typische norrländische Flusslandschaft. Der Piteälv ist einer der vier schwedischen Nationalflüsse und mit einer Fallhöhe von 82 Metern die grösste Stromschnelle in ganz Skandinavien. Dank den vielen Stegen sind diese in greifbarer Nähe und gerade jetzt im Winter lässt sich so die besondere Schönheit erkennen. Der Fluss friert nämlich nicht zu. Die grossen Steinblöcke im Wasser und Uferbereich sind von einer dicken Schneedecke überzogen, der Schnee und das schäumende Wasser glitzern fast magisch in der Sonne, und es bilden sich abertausende Eiskristalle in phantasievollen Formen.
Eisfischen
Nebst all den actionreichen und körperlichen Aktivitäten, die wir diese Woche erleben dürfen, lassen wir es beim Eisfischen ganz gemütlich angehen. Obwohl, auch hier gilt es zuerst, gewisse Vorarbeiten zu erledigen, ehe die Hauptaktivität dann begonnen werden kann. Starke Arme sind gefordert! Zuerst muss die ca. eine Meter dicke Schicht Schnee auf dem See weg geschaufelt werden, dann mit einem fast menschengrossen Bohrer ein Loch durch das Eis gebohrt werden. Nicht ganz ohne, denn das Eis ist mindestens auch nochmals 60 cm dick. Und dann: rein mit der Rute, warten und Geduld haben. Okay, wir geben es zu, besonders erfolgreich war unser Nachmittag in Bezug auf das Fischen nicht. Was aber viel wichtiger ist: Das Erlebnis als solches hat uns unglaublich gut gefallen und ist als solches ein grosses Highlight. Alleine auf weiter Flur auf dem See zu sein, die Ruhe geniessen, bei strahlendem Sonnenschein, dazu heisse Suppe, frisches Brot und leckeres schwedisches Gebäck zum Dessert, während die ganze Zeit ein wärmendes Feuer die kalten Temperaturen von -16 Grad vergessen lässt - wunderbar!
Badtunna
Es gibt wohl nichts, was wir uns noch zusätzlich wünschen würden bei Aline und Markus. Denn mit ihrer ‘Badtunna’, dem Hotpot, bieten sie ihren Gästen ein weiteres, unvergessliches Erlebnis an: Im warmen, ja gar heissen, Wasser, lassen sich tiefenentspannte Momente sondergleichen erleben, und dies unter einem Sternenhimmel, der nicht zu enden scheint. Bei 43 Grad ist man anschliessend von innen derart aufgewärmt, dass es sich sogar problemlos in den Badeklamotten und barfuss vom Hotpot zum Häuschen gehen lässt. Unser Fazit: Besser als jedes 5-Sterne-Wellnesshotel.
Naturschauspiele der besonderen Art
Ja, und was fehlt jetzt noch, um die Woche perfekt zu machen, und den Fotografen glücklich? :-) Natürlich, besondere Naturschauspiele am Himmel, sei es bei Sonnenauf- oder -untergang, oder in der Nacht. Und auf beides müssen wir nicht verzichten. Ende Februar ist das Tageslicht zwar bereits wieder so weit zurück, dass Sonnenauf- und -niedergang zu einem ähnlichen Zeitpunkt wie in der Schweiz in dieser Jahreszeit vor sich gehen. Doch durch den nach wie vor relativ tiefen Sonnenstand bieten sich jeweils morgens und abends so schöne farbige Stimmungen am Himmel, dass man diese Minuten stets gebannt gegen den Himmel schauend geniesst. Morgens tun wir diese jeweils direkt von unserem Häuschen aus, abends suchen wir besonders schöne Locations auf, wie beispielsweise den eigenen Aussichtsberg vom Malin Resort, oder aber den Akkanålke bei Arvidsjaur. Durch seine Erhebung und den steten eisigen Wind sind auf ihm gar noch die Bäumchen in einem tiefen weissen Winterkleid vorzufinden.
Und dann ist sie da, die Nacht der Nächte, die Nacht der Nordlichter! Um den klaren Himmel müssen wir uns in dieser Woche keine Sorge machen, denn die Wettervorhersagen könnten nicht besser ein. Also heisst es zu hoffen, dass die Sonnensturm-Aktivitäten genügend stark sind, um die Nordlichter auch in unseren Breitengraden zu zeigen. Und wir werden nicht enttäuscht. Natürlich haben wir weiter nördlich bereits intensivere Nordlichter erlebt, aber ein Spektakel ist es für uns immer und immer wieder. Von dieser magischen Anziehungskraft der tanzenden Lichter werden wir wohl nie genug bekommen...
Einkaufen muss geplant sein
Den logistischen Aspekt möchten wir natürlich nicht ganz ausser Acht lassen. Denn so sehr wir die Ruhe und Abgeschiedenheit geniessen, verpflegen müssen wir uns natürlich dennoch. Einkaufsmöglichkeiten gibt es im ca. 46 km entfernten Arvidsjaur. Ja, für Schweizer Verhältnisse ganz schön weit. Aber für Schweden ganz normal. Und da wir bekennende Fans davon sind, in ausländischen Lebensmittelmärkten einzukaufen, nehmen wir diesen Weg noch so gerne unter die Räder. Sollte jemand nicht ganz zu dieser Kategorie gehören, so bieten Aline und Markus auch Frühstück und einfache Abendgerichte an. Unter anderem arrangieren sie auf Wunsch einen Grillabend in ihrer Grillkåta. Zudem besteht die Möglichkeit, bei Freunden von ihnen auf ein traditionelles Pizzaessen vorbeizuschauen. Diese bereiten die Pizza in einem alten traditionellen Pizzaofen, einer sog. ‘bakstuga’, zu. Sehr zu empfehlen!
Lust auf mehr
Für uns ist schnell klar, dass eine Woche hier im Malin Resort kaum ausreicht, um die ganze Schönheit der Region so richtig kennenzulernen und alle möglichen Aktivitäten ausreichend auszuüben, die sich hier anbieten. So könnte man zusätzlich beispielsweise auf den Loipen in Arvidsjaur dem Langlaufen nachgehen. Oder den Tag mit einer Schlittenhundetour verbringen. Oder Markus bietet auch Reisen an. Denn von Arvidsjaur sind es nur rund 350 km bis nach Bodö an die norwegische Küste, und von da ist es dann mit der Fähre nur noch einen Katzensprung auf die wunderschönen Lofoten.
Was uns bis heute begleitet, ist die immer wiederkehrende Vorstellung, wie es hier wohl im Sommer oder Herbst sein mag, wenn die Nächte zu Tagen werden, und die weite Umgebung mit den Hunderten von Seen ihr Kleid von weiss auf grün, gelb und rot wechselt und sich wandernd erkunden lässt. Wir werden es herausfinden, ganz bestimmt!!
Alle Informationen sind zu finden unter: